Erwerbsminderungsrentner*innen in Werkstätten für behinderte Menschen gehen leer aus
(Der Paritätische Gesamtverband/Gastbeitrag von Christian Frese/red; ahi)
Der Bundesverband autismus Deutschland e.V. vertritt die Interessen von Menschen mit Autismus und ihrer Angehörigen. Christian Frese, Geschäftsführer und Justiziar des Verbandes, reagiert in diesem Beitrag auf die fehlenden Entlastungspakete für Erwerbsminderungsrentner*innen in den Werkstätten für behinderte Menschen.
In Anbetracht der explodierenden Preise für Energie und der außerordentlich hohen Inflation hat sich der Gesetzgeber entschlossen, Entlastungspakete für die Bevölkerung auf den Weg zu bringen.
Erwachsene, die Sozialleistungen in Form von Sozialgeld oder Grundsicherung beziehen, erhalten somit im Juli 2022 eine Einmalzahlung von 200 Euro.
Zudem hat der Gesetzgeber an einige Personengruppen gedacht, die einen einmaligen Heizkostenzuschuss erhalten: Wohngeld-Bezieher*innen erhalten 270 Euro. Menschen mit Behinderungen, die sich in einer Ausbildung befinden bzw. im Eingangsverfahren oder Berufsbildungsbereich einer anerkannten Werkstatt für behinderte Menschen, erhalten 230 Euro. Als Ausgleich für die gestiegenen Heizkosten erhalten alle erwerbstätigen Personen automatisch und zeitgleich mit der Gehaltsabrechnung im September 2022 eine staatliche zu versteuernde Energiepauschale in Höhe von 300 Euro.
Wer wurde bei den Entlastungspaketen vergessen?
Beschäftigte in einer Werkstatt für behinderte Menschen, die keine Grundsicherung beziehen, sondern ihren Lebensunterhalt durch eine Erwerbsminderungsrente nur knapp über dem existenzsichernden Niveau bestreiten, bekommen keine Einmalzahlung. Falls diese Personen auch kein Wohngeld beziehen, erhalten sie auch keinen Heizkostenzuschuss.
autismus Deutschland e.V. sind in den Reihen seiner Mitglieder sehr viele Betroffene bekannt, die zu dieser Personengruppe gehören. In Deutschland sind insgesamt im Arbeitsbereich einer Werkstatt ca. 300.000 Personen beschäftigt. Nach 20-jähriger Tätigkeit in einer Werkstatt beziehen die meisten Werkstattbeschäftigten eine Erwerbsminderungsrente. Es dürfte sich um mehr als 100.000 Personen handeln. Die durchschnittliche Höhe der Rente beträgt ca. 800 Euro monatlich.
Wenn diese Rentenbezieher*innen ihren Lebensunterhalt nur knapp über dem Existenzminimum bestreiten können, liegt es in Anbetracht der explodierenden Preise für Energie und der außerordentlich hohen Inflation auf der Hand, dass diese Personen die Mehrbelastungen aus ihrem Einkommen nicht leisten können. Sie können auch nicht an anderer Stelle sparen, zum Beispiel bei der Ernährung. Diese Personen werden also im Winter nicht genug Geld haben, um ihre Wohnungen beheizen zu können. Das ist eine große Ungerechtigkeit.
Der Gesetzgeber verteilt nach dem „Gießkannenprinzip“ den Tankrabatt, das 9-Euro-Ticket und die Energiepauschale, vergisst aber eine große Gruppe von Menschen, die wirklich Unterstützung brauchen.
Weiteres Entlastungspaket dringend erforderlich
Ein weiteres Entlastungspaket für alle bedürftigen Rentnerinnen und Rentner, so auch die Erwerbsminderungsrentner*innen in den Werkstätten für behinderte Menschen, ist dringend erforderlich. Die Menschen müssen in der Lage sein, die absolut notwendigen Dinge des täglichen Bedarfs bezahlen und ihre Wohnungen beheizen zu können.