Neu: Studie zu Eltern erwachsener Kindern mit kognitiver Beeinträchtigung

[LAG SH Sachsen; mhs] Wie sehen Biografien von Eltern von (erwachsenen) Kindern mit kognitiver Beeinträchtigung aus? Wie konstruieren sie ihr Elternsein? Und vor welchen Herausforderungen stehen diese Eltern?

Mit diesen Fragen haben sich mehrere Forschungsprojekte an der Goethe-Universität Frankfurt und an der Philipps-Universität Marburg beschäftigt (Leitung durch Prof. Dr. Hendrik Trescher). Nun werden erstmals alle Ergebnisse umfassend in Form eines Buches dargelegt und diskutiert (veröffentlicht im Lebenshilfe-Verlag Marburg 2025). Der Download des Buches (nicht barrierefrei) ist möglich unter: https://www.pedocs.de/volltexte/2025/32292/pdf/Trescher_2025_Eltern_von_erwachsenen_Kindern.pdf 

Wir möchten Ihnen hier einen kurzen Einblick in dieses umfangreiche und sehr lesenswerte Werk geben:

Ein Kernstück des Buchs sind zahlreiche Familiengeschichten und Elternporträts, die einen breiten Einblick in das persönliche Leben der betroffenen Familien geben und die aus Interviews generiert wurden. Die untersuchten Familiengeschichten werden strukturiert in den drei Zeitabschnitten Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft dargestellt und thematisch untergliedert in Themenbereiche wie beispielsweise Arbeit und Freizeit, Beziehung zu Geschwistern, Elternbeziehung u.m.

Die in den Interviews gesammelten Informationen wurden anschließend wissenschaftlich ausgewertet und aufbereitet (verwendete Methode: objektiv-hermeneutische Analysen). Die Ergebnisse werden strukturiert nach übergeordneten Themen zusammengefasst, wie beispielsweise Umgang mit Behörden und Bürokratie, Alltagsroutinen und Organisation der Versorgung die Beziehung zum Kind, Elternschaft und Schuldgefühle. Die emotionale Bedeutsamkeit der Behinderung, das Leben von Partnerschaft / Familie / Freundschaft der Eltern werden genauso adressiert wie Sexualität, Partnerschaft der Kinder mit geistiger Behinderung.

Im Schlusskapitel gibt es ein umfangreiches methodisches und inhaltliches Fazit und offene Handlungsbedarfe, um Eltern von (erwachsenen) Kindern mit geistiger Behinderung in ihrer enormen (emotionalen) Belastungssituation besser zu unterstützen. Daraus wird deutlich, dass dringender Handlungsbedarf in Form von Unterstützungs- und Beratungsmöglichkeiten für Eltern von (erwachsenen) Kindern mit geistiger Behinderung herrscht und in welchen Bereichen dies notwendig ist. Denn die befragten Eltern investieren viel Kraft, Zeit und Ressourcen in ihre Kinder und haben gleichzeitig eine starke, außergewöhnliche Beziehung zu ihnen, die ihnen auch Kraft, Mut und Zuversicht gibt. Diese gilt es aufrechtzuerhalten, gepaart mit mehr Unterstützung und Anerkennung für ihre Situation.

Das Buch richtet sich an die breite interessierte (Fach-)Öffentlichkeit – an pädagogisch Tätige, Studierende und Auszubildende pädagogischer Fachrichtungen, aber auch an all jene, die ein Interesse daran haben, mehr über das Leben und den Alltag von Familien zu erfahren, die ein (erwachsenes) Kind mit geistiger Behinderung haben, oder ein solches Interesse erst entwickeln möchten. Und nicht zuletzt richtet sich dieses Buch an die betroffenen Eltern selbst, in der Hoffnung, dass sich diese Eltern in ihrer ganz persönlichen Lebenssituation wahrgenommen und gehört fühlen.

Bild: Freep!k