Plenarsitzung im Sächsischen Landtag

Landtagswahlen 2024

Wahlprüfsteine

45 Verbände und Initiativen, die sich für Antidiskriminierungspolitik stark machen, haben sich in Sachsen für den Wahlkompass Antidiskriminierung zu einem Bündnis zusammengeschlossen und gemeinsam ihre Fragen an die Parteien gesandt. In ihrer alltäglichen Arbeit haben all diese Verbände unterschiedliche Zielgruppen und Themen im Fokus, doch bei aller Vielfalt ist Antidiskriminierung als solches ein starkes gemeinsames Anliegen, weshalb sie eine große Anzahl gemeinsamer Forderungen verbindet.

Der Wahlkompass setzt sich aus zwei Sets von Fragen an die Parteien zusammen. Das erste Set bilden die sogenannten Bündnis-Wahlprüfsteine. Diese Fragen sind auf Themen ausgerichtet, die für alle Teilnehmenden gleichermaßen von Interesse sind. Im zweiten Set finden sich Fragen, die von einzelnen teilnehmenden Verbänden und Initiativen eingebracht wurden, um spezifische Problemlagen zu adressieren.

Die Wahlprüfsteine beziehen sich auf politische Felder, die auf Landesebene ausgestaltet werden, wie BildungKulturPolizei und Justiz. Sie zeigen Ziele und Missstände auf, wie die Prävention und den Abbau von Diskriminierung in der öffentlichen Verwaltung, und fragen nach Möglichkeiten der Partizipation. Darüber hinaus zielen die Wahlprüfsteine auf eine Stärkung der Institutionen der Antidiskriminierungspolitik ab.

Auf dieser Webseite stellen wir Ihnen unsere und weitere Wahlprüfsteine vor, die Menschen mit Behinderung betreffen.

Wahlprüfstein 1

Umsetzung UN-Behindertenrechtskonvention in Sachsen

Die Ratifizierung des Übereinkommens der Vereinten Nationen über die Rechte von Menschen mit Behinderungen (UN-BRK) durch Deutschland jährt sich 2024 zum 15. Mal. Dennoch stellte der UN-Fachausschuss für die Rechte von Menschen mit Behinderungen (UN-Fachausschuss) bei der letzten Staatenprüfung im August 2023 Deutschland kein gutes Zeugnis aus.

Welche Schritte innerhalb welches zeitlichen Rahmens plant Ihre Partei hinsichtlich der Umsetzung der UN-BRK, insbesondere im Hinblick auf die Forderungen der letzten Staatenprüfung im Jahr 2023?

Zu den Antworten der Parteien

Wahlprüfstein 2

Monitoring-Stelle UN-Behindertenrechtskonvention in Sachsen

Am 3. Oktober 2023 veröffentlichte der UN-Fachausschuss seine „Abschließenden Bemerkungen“ (Concluding observations on the combined second and third periodic reports of Germany) zu Deutschland. In seinen Bemerkungen zu Artikel 33 empfiehlt der Fachausschuss, dass im Föderalstaat Deutschland auf Länderebene dauerhafte und unabhängige Monitoring-Mechanismen eingerichtet werden, die mit personellen, technischen und sicheren finanziellen Ressourcen ausgestattet werden.

Werden Sie in der kommenden Legislaturperiode eine Monitoring-Stelle UN-BRK, analog der Monitoring-Stelle UN-BRK auf Bundesebene, auch in Sachsen einrichten?

Zu den Antworten der Parteien

Wahlprüfstein 3

Inklusive Bildung sicherstellen

Nach Prüfung des Stands der Umsetzung des Übereinkommens der Vereinten Nationen über die Rechte von Menschen mit Behinderungen in Deutschland äußerte der UN-Fachausschuss in seinen abschließenden Bemerkungen vom 3. Oktober 2023 deutliche Kritik am segregierenden Schulsystem Deutschlands. Konkret forderte er unter anderem einen umfassenden Plan, um den Übergang von Sonderschulen hin zu einem inklusiven Schulsystem zu beschleunigen, angemessene Regelungen zur Beförderung der Schüler*innen, vor allem im ländlichen Raum, kontinuierliche Weiterbildungen zur inklusiven Bildung für Lehrkräfte und Schulpersonal, sowie ein Monitoring-System.

Wie werden Sie sicherstellen, dass die Forderungen des UN-Fachausschusses für die Rechte von Menschen mit Behinderungen aus der letzten Staatenprüfung zum Artikel 24 „Bildung“ im Freistaat Sachsen umgesetzt werden?

Zu den Antworten der Parteien

Wahlprüfstein 4

Den Arbeitsmarkt inklusiv gestalten

In Artikel 27 fordert das Übereinkommen der Vereinten Nationen über die Rechte von Menschen mit Behinderungen die Anerkennung des Rechts von behinderten Menschen auf Arbeit in einem offenen, integrativen und zugänglichen Arbeitsmarkt und Arbeitsumfeld. Dabei steht vor allem die freie Wahl ohne jegliche Diskriminierung aufgrund der Behinderung im Vordergrund. Mit der Ratifikation des Übereinkommens, also der formellen Bestätigung und Annahme,  hat sich die Bundesrepublik Deutschland und somit auch der Freistaat Sachsen darüber hinaus zu einer Beschäftigung von Menschen mit Behinderungen im öffentlichen Sektor verpflichtet; die Beschäftigung von Menschen mit Behinderungen im privaten Sektor durch geeignete Strategien und Maßnahmen soll ebenfalls gefördert werden.

Wie werden Sie sicherstellen, dass Beschäftigungsmöglichkeiten für Menschen mit Behinderungen an allgemein zugänglichen Arbeitsplätzen am ersten Arbeitsmarkt geschaffen werden, ohne dass diese gleichzeitig eine Minderung ihrer Sozial- und Altersversicherung erfahren?

Zu den Antworten der Parteien

Wahlprüfstein 5

Zwangsbehandlungen von Menschen mit Behinderung verhindern

Die Zwangsbehandlung von Menschen mit Behinderungen in Pflege- und Eingliederungshilfeeinrichtungen sowie in psychiatrischen und forensischen Institutionen wird sehr kritisch gesehen. Auch der UN-Fachausschuss bemängelte bei der letzten Staatenprüfung die Lage in Deutschland.

Werden Sie in der kommenden Legislaturperiode Gesetze wie das Sächsische Psychisch-Kranken-Gesetz gemäß den Forderungen des UN-Fachausschusses dahingehend überarbeiten, dass beispielsweise Zwangsbehandlungen und der Freiheitsentzug von Menschen mit Behinderung verboten werden?

Zu den Antworten der Parteien

Wahlprüfstein 6

Zugang zu Informationen für Menschen mit Behinderung verbessern

Artikel 21 des Übereinkommens der Vereinten Nationen über die Rechte von Menschen mit Behinderungen (UN-BRK) verpflichtet die Vertragsstaaten, Menschen mit Behinderungen für die Allgemeinheit bestimmte Informationen rechtzeitig und ohne zusätzliche Kosten in Formaten und Technologien, die ihnen den Zugang ermöglichen, zur Verfügung zu stellen. Bei der letzten Staatenprüfung hat der UN-Fachausschuss Deutschland dafür kritisiert, dass es keinen nationalen Standard und kein Monitoring für die Zugänglichkeit von Informationen gibt, insbesondere bei privaten Anbietern. Dies betrifft vor allem Menschen mit Hörbehinderungen, gehörlose Menschen und Menschen, die auf Leichte Sprache angewiesen sind.

Werden Sie die Zugänglichkeit von Informationen für Menschen mit Behinderungen, insbesondere Menschen mit Hörbehinderungen, gehörlose Menschen, Menschen mit Sehbehinderungen, blinde Menschen und Menschen mit Lernschwierigkeiten, verbessern und wenn ja, mit welchen Mitteln?

Zu den Antworten der Parteien

Wahlprüfstein 7

Betroffenenkompetenz von Menschen mit Behinderungen einbinden

Ein Grundleitsatz des Übereinkommens der Vereinten Nationen über die Rechte von Menschen mit Behinderungen (UN-BRK) ist die Einbeziehung der Betroffenen. Unter anderem in Artikel 4 wird betont, dass die Organisationen der Selbstvertretenden bei Ausarbeitung und Umsetzung von Rechtsvorschriften aktiv einbezogen werden sollen. Der UN-Fachausschuss kritisierte bei der letzten Staatenprüfung im August 2023, dass Vereinigungen von Menschen mit Behinderungen in Deutschland weder systematisch noch institutionalisiert in alle sie betreffenden Prozesse einbezogen werden.

Wie werden Sie Selbstvertretende und ihre Organisationen in alle Prozesse, die Menschen mit Behinderungen betreffen, einbeziehen?

Zu den Antworten der Parteien

Wahlprüfstein 8

Einrichtung einer Fachstelle Barrierefreiheit

Bei neuen Bauvorhaben muss die Barrierefreiheit von Beginn an mitgedacht und zwingend mitgeplant werden. Fachstellen für Barrierefreiheit gibt es bisher auf der Bundesebene und in acht Bundesländern. Sachsen gehört nicht zu diesen acht Ländern. Mit der Kompetenz- und Beratungsstelle Barrierefreies Planen und Bauen existiert zwar bereits ein Beratungsangebot, das allerdings nicht verpflichtend genutzt werden muss.

Werden Sie in der kommenden Legislaturperiode eine Fachstelle Barrierefreiheit für Sachsen einrichten und wenn ja, wo wird diese angesiedelt sein?

Zu den Antworten der Parteien

Wahlprüfstein 9

Novellierung des sächsischen Inklusionsgesetzes

Ein Vergleich der Bundesländer seitens der Monitoring-Stelle UN-Behindertenrechtskonvention zeigt, dass Sachsen das einzige Bundesland ist, welches die kommunale Ebene nicht in den Geltungsbereich des Behindertengleichstellungsrechts einbezieht. Durch die fehlende Verpflichtung auf kommunaler Ebene erzielen viele Vorschriften keine oder wenig Wirkung für die Verbesserung der Teilhabe und Lebensumstände von Menschen mit Behinderung in den Kommunen.

Werden Sie in der kommenden Legislaturperiode eine Novellierung des Sächsischen Inklusionsgesetz vornehmen und dabei die Verpflichtung zur Umsetzung der Vorschriften auf die kommunale Ebene ausdehnen?

Zu den Antworten der Parteien

Wahlprüfstein 10

Ein selbstbestimmtes Leben für Menschen mit Assistenzbedarf ermöglichen

In der Pflege gilt der Grundsatz ambulant vor stationär. Damit verfügen die Betroffenen auch über ein Wunsch- und Wahlrecht ihrer Wohnform, wie Wohngruppe, Heim oder eigene Wohnung. Gleichzeitig steht ihnen die Wahl der Hilfeform, beispielsweise Leistungen eines Pflegedienstes, Nachbarschaftshilfe oder persönliches Budget als Unterstützung, frei. Menschen mit Assistenzbedarf werden seitens der Leistungsträger*innen allerdings immer wieder unter Druck gesetzt, die jeweils kostengünstigste Form zu wählen. Der Wechsel aus einem Heim in ein selbstbestimmtes Leben mit eigener Wohnung und persönlicher Assistenz ist daher die Ausnahme, während der Wechsel ins Heim begünstigt und teilweise sogar erzwungen wird.

Wie werden Sie in der kommenden Legislaturperiode sicherstellen, dass sich Menschen mit Assistenzbedarf frei für die Wohnform, wie Wohngruppe, Heim oder eigene Wohnung, und die Hilfeform, beispielsweise Pflegedienst, Nachbarschaftshilfe oder persönliches Budget, entscheiden können?

Zu den Antworten der Parteien

Wahlprüfstein 11

Barrierefreiheit im Öffentlichen Personennahverkehr

Das Personenbeförderungsgesetz schreibt seit 2022 vollständige Barrierefreiheit im öffentlichen Personennahverkehr vor. In der Realität erfüllen Haltestellen, Fahrzeuge und Informationen diese Anforderung selbst in den Städten oft nicht. Dabei ist Mobilität ein essenzieller Baustein zur Teilhabe an der Gesellschaft.

Werden Sie den ÖPNV finanziell so ausstatten, dass eine barrierefreie Infrastruktur hergestellt werden kann und Fahrzeuge angeschafft werden können, die eine selbstständige und barrierefreie Nutzung für alle ermöglichen?

Zu den Antworten der Parteien

Wahlprüfstein des Zentrum selbstbestimmt Leben e. V.

Wahlprüfstein 12

Gesundheitsversorgung für Menschen mit Behinderung verbessern

Viele Menschen mit Behinderung bleiben oft durch fehlende barrierefreie Praxen und nicht barrierefreie medizinische Geräte und Hilfsmittel von wichtigen Untersuchungen ausgeschlossen. Besonders problematisch ist der Mangel an gynäkologischen, augen- und zahnärztlichen Praxen, die über geeignete Behandlungsstühle, Geräte und eine rollstuhlgerechte Toilette verfügen.

Werden Sie für niedergelassene Ärzt*innen Anreize für die Umsetzung von Barrierefreiheit bei der Gestaltung von Zugängen und  Räumen sowie in Bezug auf Geräte und Hilfsmittel schaffen, um in Zukunft ein flächendeckendes Netz an barrierefreien Praxen zu gewährleisten?

Zu den Antworten der Parteien

Wahlprüfstein des Zentrum selbstbestimmt Leben e. V.

Wahlprüfstein 13

Stärkung der Selbstbestimmung und Eigenverantwortung von Menschen mit Behinderung

Beim Zentrum für selbstbestimmtes Leben (ZsL) gehen regelmäßig Fälle von unzureichender finanzieller Bedarfsermittlung durch Träger der Eingliederungshilfe wie dem Kommunalen Sozialverband Sachsen (KSV) ein, beispielsweise bei Beantragung des Persönlichen Budget. Durch die daraus resultierende geringere Bereitstellung finanzieller Mittel bleibt die Teilhabe und Selbstbestimmung von Menschen mit Behinderung unter ihren Möglichkeiten. Es wurde zwar beim Beauftragten für Inklusion eine Clearingstelle eingerichtet, bei der Beschwerden über ein konkretes Handeln oder Unterlassen eines Trägers der Eingliederungshilfe eingereicht werden können, diese reicht jedoch nicht aus. Oft werden der Bedarf an Teilhabeleistungen und Maßnahmen der Eingliederungshilfe falsch ermittelt und unzureichende Leistungen bewilligt.

Planen Sie eine Fachaufsicht für Träger der Eingliederungshilfe wie dem KSV? Falls ja, wie würden Sie diese gestalten?

Zu den Antworten der Parteien

Wahlprüfstein des Zentrum selbstbestimmt Leben e. V.

Wahlprüfstein 14

Die Teilhabe und Teilgabe von Menschen mit Behinderung in der Kommune sicherstellen

Sachsen ist das einzige Bundesland, dass die kommunale Ebene nicht in den Geltungsbereich des Behindertengleichstellungsrechtes einbezieht. Viele kommunale Einrichtungen wie Verwaltung, Schulen oder der Öffentliche Personennahverkehr sind (noch) nicht barrierefrei. Behindertenbeauftragte und -beiräte sind nicht zwingend vorgeschrieben und mit unzureichenden Mitteln ausgestattet.

Werden Sie das Sächsische Inklusionsgesetzes novellieren und im Zuge dessen auf den Kommunalbereich ausweiten? Wie sieht das Beteiligungsverfahren dazu aus und was sind aus Ihrer Sicht die wichtigsten Eckpunkte der Überarbeitung?

Zu den Antworten der Parteien

Wahlprüfstein des Zentrum selbstbestimmt Leben e. V.