Gute Resonanz auf digitaler ÖPNV-Veranstaltung

Reger Austausch zur Barrierefreiheit von Haltestellen in der Dresdner Neustadt

Am 6. Mai 2021 fand anlässlich des Europäischen Protesttages für Menschen mit Behinderungen und der „Woche des guten Lebens“ in der Dresdner Neustadt die Online-Veranstaltung „Unterwegs mit Rolli, Stock und Co.: Wie barrierefrei sind unsere Haltestellen?“ statt. Eingeladen hatte das Projekt „ÖPNV/SPNV für alle“. Es waren insgesamt 15 Teilnehmende, die um 16 Uhr den Weg zur Zoom-Plattform gefunden hatten. So nahmen u. a. Vertreter der Dresdner Verkehrsbetriebe AG (DVB AG), der Stadt Dresden, des Verbandes der Körperbehinderten der Stadt Dresden (VKD) und weitere Betroffene aus Dresden und Berlin an der Veranstaltung teil.

Nach einer kurzen Begrüßungsrunde stellte Projektkoordinatorin Kerstin Hammer zunächst das Projekt vor, um anschließend vier wichtige Haltestellen in der Dresdner Neustadt genauer unter die Lupe zu nehmen. Dabei handelte es sich um die Haltestellen Görlitzer Straße, Alaunplatz, Bischofsweg und Louisenstraße. Durch Fotos sowie kleine Videos konnte sehr gut dargestellt werden, welche Barrieren an diesen Haltestellen für die Betroffenen bestehen. Das sind zum einen das Gefälle von Gehwegen, das z. B. in der Querneigung für Rollstuhlfahrer an der Görlitzer Straße problematisch ist. Zum anderen ist es das fehlende bzw. veraltete Blindenleitsystem an selbiger Haltestelle und am Alaunplatz, welches die Auffindbarkeit der Haltestelle bzw. auch die Sicherheit einschränken. Hier gibt es auch Schwierigkeiten mit der Einhaltung eines barrierefrei nutzbaren Restspalts und -schwelle. Des Weiteren konnten fehlende Bordsteinabsenkungen, zu wenig Rangierraum auf der Straße (Bischofsweg), fehlende Unterstandmöglichkeiten und Sitzplätze angebracht werden. Die teilnehmenden Betroffenen, z. B. die Rollstuhlfahrer Joachim Müller und Gerd Schuhmacher vom VKD und die blinde Anja Winkler der AG Services Behinderung und Studium an der TUD, konnten ihre Erfahrungen einbringen und die Problematik so noch einmal aus persönlicher Betroffenensicht eindringlich darstellen. Gerade im Zusammenhang mit den Planungen für die Königsbrücker Straße sind diese Hinweise sehr wichtig.

Kurzfristige Zwischenlösungen denkbar

Die DVB AG, vertreten durch Silke Dreßel und Andreas Neukirch, waren sehr interessiert und es kam ein guter Austausch mit allen Beteiligten zustande. Mathias Pfeil vom Stadtplanungsamt Dresden unterstrich, dass kurzfristige Zwischenlösungen und Kompromisse möglich sein sollten, denn bis die Königsbrücker Straße, inklusive barrierefreier Haltestellen, gebaut wird, geht voraussichtlich noch einige Zeit ins Land. Eine kurzfristige Lösung könnte z.B. an der Görlitzer Straße das Austauschen von Gehwegplatten mit Rippenplatten bzw. das Anbringen von Piktogrammen oder Leitstreifen sein, um blinden Fahrgästen die Orientierung zu erleichtern. An der Haltestelle Bischofsweg stadteinwärts ist das Errichten einer behelfsmäßigen Rampe an der provisorischen Ampel denkbar. Geprüft wird auch die Modernisierung der Haltestelle Alaunplatz im Sperrschatten des Ausbaus der Königsbrücker Straße. Das ÖPNV-Team wird mit seinen Partnern im Zuge der nächsten Dresdner Projektgruppenberatung an diesen Themen weiter dranbleiben und darüber berichten.

E-Roller und Leihfahrräder behindern

Ein weiteres Thema, welches mobilitätseingeschränkte Menschen bewegt, ist das wilde Abstellen von E-Rollern und Leihfahrrädern im Haltestellenbereich. So können abgelegte E-Roller mit dem Blindenstock nicht rechtzeitig ertastet werden, dadurch kann es zu Stürzen kommen. Unterstrichen wurde dies durch einen Erfahrungsbericht von Anja Winkler. Um dies zukünftig zu verhindern, müssten markierte Abstellbereiche an den Haltestellen eingerichtet werden. Manuela Scharf, Beauftragte für Menschen mit Behinderungen und Senior:innen der Stadt Dresden, berichtete hierzu über den bisherigen Stand der Aktivitäten und weiteren Planungen. Im Rahmen der Projektgruppe „ÖPNV für alle“ für Dresden bleibt das ÖPNV-Team auch an dieser Thematik dran.

Weitere Themen waren Perspektiven zur Umgestaltung des Albertplatzes in Dresden, Sensibilisierung von Fahrgästen und regelmäßige Schulungen des Fahrpersonals bei der DVB.  Als kritisch zu werten ist der geplante Abriss der DVB-Wartehäuschen, der offenbar mit nicht zu vernachlässigenden Einschnitten der Barrierefreiheit verbunden sein wird. Dies zeigen auch Erfahrungen aus anderen Städten. Gemeinsam mit seinen Partnern wird sich das Projekt dafür einsetzen, dass auch in der Zwischenzeit sowohl Sitz- als auch Unterstellmöglichkeiten für alle Fahrgäste angeboten werden.

Insgesamt war es eine gelungene Veranstaltung, die das ÖPNV-Team in dieser oder ähnlicher Form gern vertiefen würde, auch im Hinblick auf bestehende Bestrebungen ein neues Projekt zum ÖPNV/SPNV für alle ab 2022 zu beantragen.

An dieser Stelle dankt das Projekt allen Teilnehmern und auch Kerstin Hammer dem Team der „Woche des guten Lebens“, das freundlicherweise die Zoom-Plattform zur Verfügung gestellt hat.

(Quelle: LSKS/kha, ahä)