Deutschland muss Vorbild in Sachen Partizipation und Selbstvertretung werden
(Kobinet/red; ahi) Deutschland muss nach Ansicht der LIGA Selbstvertretung Vorbild in Sachen Partizipation und Selbstvertretung werden. Das fordert Ottmar Miles-Paul, Sprecher des Bündnisses von bundesweit agierenden Selbstvertretungsorganisationen behinderter Menschen, die sich in der LIGA Selbstvertretung zusammengeschlossen haben. Vor allem im Hinblick auf den 2025 in Berlin stattfindenden und von Deutschland und Jordanien auszurichtenden Global Disability Summit müsse Deutschland in diesem Bereich endlich eine Vorbildfunktion einnehmen, anstatt der internationalen Entwicklung hinterherzurennen. Aber auch die anstehende Staatenprüfung Deutschlands durch den Fachausschuss zur Umsetzung der Behindertenrechtskonvention der Vereinten Nationen im August oder September 2023 müsse Anlass sein, den Motor für mehr Partizipation und Selbstvertretung in Deutschland nun so richtig anzuwerfen.
„Es ist nicht genug, wenn der Slogan ‚Nichts über uns ohne uns‘ gepredigt oder in Koalitionsvereinbarungen verwendet wird. Die Partizipation und Ermöglichung der Selbstvertretung muss konkret gelebt und vor allem mit entsprechenden Ressourcen unterlegt werden. Denn zum Nulltarif geht keine qualifizierte Partizipation im Sinne der UN-Behindertenrechtskonvention“, erklärte Ottmar Miles-Paul. Auch wenn die rot-grün-gelbe Regierungskoalition mit der 40 prozentigen Erhöhrung der Mittel des beim Bundesministerium für Arbeit und Soziales angesiedelten Partizipationsfonds ein erstes wichtiges Zeichen gesetzt habe, sei noch sehr viel in diesem Bereich zu tun.
„Vor allem sind wir darauf gespannt, wie die Partizipation von Selbstvertretungsorganisationen bei der Planung und Durchführung des wichtigen und prestigereichen Global Disability Summit gelingt. Wie auch in anderen Feldern der Behindertenpolitik sind auch hier die Interessenkonflikte zwischen Wohlfahrtsorganisationen und Selbstvertretungsorganisationen offensichtlich. Wir hoffen, dass die zuständigen Ministerien hier ein gutes Händchen beweisen, behinderte Menschen und ihre Organisationen entsprechend einzubeziehen. Denn niemand dürfte daran zweifeln, dass die Interessen behinderter Menschen, die Unterstützung benötigen, anders sind als diejenigen derer, die die Unterstützung anbieten und daran verdienen“, erläutert der Sprecher der LIGA Selbstvertretung.
Deutschland ein grundlegendes Glaubwürdigkeitsproblem in Sachen Inklusion und Partizipation, dem schnell durch konkrete behindertenpolitische Umsteuerungsprozesse und mittels klarer gesetzlicher Regelungen entgegengewirkt werden muss. „Dies beginnt bereits bei den Special Olympics World Games im Juni 2023 in Berlin. So inklusiv diese Spiele auch ausgestaltet werden, so problematisch ist das Umfeld in Deutschland: Viele Verkehrsmittel und Gebäude sind immer noch nicht barrierefrei, viele behinderte Menschen leben in Sonderwelten wie Heimen oder arbeiten in Werkstätten für behinderte Menschen weit unter dem Mindestlohn. Und bei der schulischen Inklusion geht es in Deutschland seit Jahren nicht richtig voran. Was vermitteln wir also unseren Gästen mit und ohne Behinderung, wenn sie nach Deutschland kommen?“ fragt Ottmar Miles-Paul.
„Damit wir uns spätestens 2025 beim Global Disability Summit gut, barrierefrei und inklusiv präsentieren können, müssen nun schnell die Hausaufgaben gemacht werden. Und wie ginge dies besser als mit einer konsequenten Beteiligung der Selbstvertretungsorganisationen behinderter Menschen mit einer entsprechenden Ausstattung mit den benötigten Ressourcen dafür“, erklärte Ottmar Miles-Paul.
Die LIGA Selbstvertretung verweist dabei auf die umfassenden Informationen der beim Deutschen Institut für Menschenrechte angesiedelten Monitoringstelle UN-Behindertenrechtskonvention in Sachen Partizipation.
Link zu den Infos der Monitoringstelle in Sachen Partizipation