Experten fordern gesetzliche Regelungen für mehr Barrierefreiheit
(www.eu-schwerbehinderung.eu/red; ahi) Die Schaffung barrierefreier Zugänge und Dienstleistungen für Menschen mit Behinderungen ist ein zentrales Anliegen, das weiterhin gesellschaftliche Aufmerksamkeit und Anstrengungen erfordert. In einer öffentlichen Anhörung des Ausschusses für Arbeit und Soziales zum Antrag der CDU/CSU-Fraktion „Mehr Tempo für Barrierefreiheit und einen inklusiven Sozialraum“ Drucksache: (20/4676) am 13. November 2023 äußerten Experten ihre Meinungen und Bedenken zur aktuellen Lage.
Gesetzliche Regelungen als Notwendigkeit
Nach Meinung der Sachverständigen reichen Selbstverpflichtungen und Aktionspläne allein nicht aus, um effektive Barrierefreiheit zu gewährleisten. Christiane Möller vom Deutschen Blinden- und Sehbehindertenverband betonte, dass das Prinzip der Freiwilligkeit in der Vergangenheit nicht ausreichend funktioniert habe. Daher sei es an der Zeit, über gesetzliche Regelungen zu diskutieren, jedoch unter Berücksichtigung angemessener Übergangsfristen. Sie unterstrich die Bedeutung von Barrierefreiheit, indem sie darauf hinwies, dass sie für Menschen mit Behinderungen über die bloße Annehmlichkeit hinausgeht. Die Verfügbarkeit und Nutzung barrierefreier Infrastruktur, Produkte und Dienstleistungen sind entscheidend für die Teilhabe in der Gesellschaft.
Kritik an Aktionsplänen und begrenzter Beteiligung
Die Beteiligung von Menschen mit Behinderungen an Aktionsplänen wurde ebenfalls kritisiert. Janina Bessenich, Geschäftsführerin der Caritas Behindertenhilfe und Psychiatrie, bemängelte, dass die Einbindung in den Prozess des Bundesgesundheitsministeriums (BMG) sehr begrenzt war und der Aktionsplan des BMG sich nur auf bestimmte Bereiche beschränkt. Dies sei ein wiederholtes Problem, da es bereits viele Aktionspläne gegeben habe, während das Hauptaugenmerk auf der Sicherstellung der Barrierefreiheit durch Gesetze liegen sollte.
Der Blick auf den Koalitionsvertrag und das Ordnungsrecht
Die Hoffnung besteht darin, dass die im Koalitionsvertrag festgelegten Maßnahmen zur Förderung der Barrierefreiheit zeitnah umgesetzt werden. Verschiedene Initiativen sind bereits gestartet, und die Erwartung auf Zwischenergebnisse ist groß. Die Forderung nach mehr Transparenz und Fortschritten wurde von Janina Jänsch vom Bundesverband für körper- und mehrfachbehinderte Menschen betont.
Jonas Fischer vom Sozialverband Deutschland (VdK) sprach sich ebenfalls für gesetzliche Regelungen aus und betonte die Notwendigkeit des Ordnungsrechts. Selbstverpflichtungen, sei es im Bereich der Mobilität, des Bauens und Wohnens oder bei privaten Anbietern von Produkten und Dienstleistungen, reichen nach seiner Überzeugung nicht aus. Die Dringlichkeit einer umfassenden Barrierefreiheit erfordert gesetzliche Maßnahmen.
Ausblick auf eine umfassende Barrierefreiheitsreform
Volker Sieger von der Bundesfachstelle Barrierefreiheit bei der Deutschen Rentenversicherung Knappschaft-Bahn-See erwartet in dieser Legislaturperiode eine große Barrierefreiheitsreform, wie sie im Koalitionsvertrag festgelegt ist. Dabei sollen Verpflichtungen der Privatwirtschaft eine zentrale Rolle spielen. Er betonte, dass ohne Barrierefreiheit bei Dienstleistungen und Produkten keine gleichberechtigte Teilhabe von Menschen mit Behinderungen möglich ist.
Beteiligung von Menschen mit Behinderung
Die fehlende Einbeziehung von Menschen mit Behinderungen bei der Festlegung von Handlungsfeldern im BMG-Aktionsplan wurde von Anieke Fimmen vom Sozialverband Deutschland kritisiert. Sie wünschte sich eine verstärkte Einbindung in die Ausarbeitung der Kriterien und unterstrich, dass die Forderung nach mehr Beteiligung für alle Prozesse im Zusammenhang mit Barrierefreiheit gilt.
Helmut Vogel vom Deutschen Gehörlosenbund schloss sich dieser Kritik an und betonte die Notwendigkeit einer Steuerungsgruppe, in der der Behindertenrat vertreten ist, um die Partizipation sicherzustellen. Er forderte, die Planungen von Grund auf zu überarbeiten, um bis 2025 einen umfassenden Aktionsplan zu entwickeln, der die Barrierefreiheit tatsächlich gewährleistet.