RosaLinde e.V.: Sachsen stoppt Förderung von queerer Bildungsarbeit an Schulen

(RosaLinde e. V./red; ahi) Der RosaLinde Leipzig e.V. hat am 31. Januar 2024 bekanntgegeben, dass der Verein zum Jahresbeginn eine Ablehnung seines Antrags auf Förderung queerer Bildungsarbeit an Schulen und Einrichtungen der Kinder- und Jugendhilfe in der Stadt Leipzig, dem Landkreis Leipzig und Nordsachsen erhalten habe. Entsprechende Angebote des Vereins fallen deshalb ersatzlos weg. Hierzu zählen jährlich rund 100 Workshops für Schulklassen, in denen junge Ehrenamtliche ihre Coming-out-Geschichten erzählen, 50 Fortbildungen für pädagogische Fachkräfte, die Koordination von gut 30 Regenbogen-AGs und die Betreuung von mittlerweile vier „Schulen der Vielfalt“. Beantragt worden war Unterstützung aus dem Fördertopf „Weltoffenes Sachsen für Demokratie und Toleranz“ des Sächsischen Sozialministeriums.

„Mit Bestürzung haben wir den Ablehnungsbescheid zur Kenntnis genommen“, sagt Stefanie Krüger, die bisher im RosaLinde Leipzig e.V. für Fortbildungen von pädagogischen Fachkräften sowie Koordination von queeren AGs im schulischen Ganztag zuständig war. „Fast 30 Jahre existierte unser zunehmend nachgefragtes Angebot und damit soll jetzt plötzlich Schluss sein? Das können wir nicht nachvollziehen, gerade vor dem Hintergrund der anstehenden Landtagswahlen und der politischen Entwicklungen in diesem Bundesland.“

„Eigentlich sind wir bis zu den Sommerferien komplett ausgebucht gewesen“

Viele Schulen hätten auf die Kurse von RosaLinde Leipzig gesetzt, „weil sie überfordert im Umgang mit queeren Themen sind“, ergänzte Kollegin Johanna Heinrich. „Nicht selten werden wir kurzfristig angefragt, weil sich jemand in der Klasse z.B. als trans geoutet hat, ’schwul‘ inflationär als Schimpfwort gebraucht wird oder queerfeindliches Mobbing stattfindet. Dabei haben wir mittlerweile lange Wartezeiten. Eigentlich sind wir bis zu den Sommerferien komplett ausgebucht gewesen.“ Sie stehe nun vor der Aufgabe, allen Schulen abzusagen und gut 30 Ehrenamtlichen zu erklären, dass ihre Arbeit vom Freistaat nicht mehr gewollt ist. Der Verein bedauere, dass Lehrkräfte und Fachkräfte der Kinder- und Jugendhilfe nun mit queeren Themen allein gelassen werden, da es keine alternativen Angebote in diesem Bereich gibt. Durch das Wegbrechen der Einnahmen ist auch der Gesamtverein betroffen, da beispielsweise Miete und Verwaltungskostenpauschale anteilig wegfallen.

Der Fördertopf „Weltoffenes Sachsen für Demokratie und Toleranz“ des Sächsischen Sozialministeriums, über welchen die Bildungsarbeit des Vereins in den letzten Jahren finanziert wurde, steht schon länger in der Kritik, weil er mehrfach überzeichnet ist, das Fördervolumen also nicht im Ansatz ausreicht, um die vielen Projekte, die Anträge stellen, zu bewilligen. Bereits zu Beginn des Jahres 2022 strich der Freistaat auch dem Partnerverein Gerede e.V. in Dresden die Gelder (queer.de berichtete). Schließlich übernahm die Stadt Dresden einen Teil der Kosten (queer.de berichtete).

Kritik auch von SPDqueer

Die Arbeitsgemeinschaft SPDqueer reagierte mit Unverständnis auf die Einstellung der Förderung. Es sei dringend erforderlich, „dass die queere Bildungsarbeit dauerhaft vom Land institutionell gefördert wird“, so SPDqueer-Landesvorsitzender Oliver Strotzer. „Ähnlich wie bei ,Schule ohne Rassismus‘ muss diese Arbeit über das für die Schulen zuständige Kultusministerium finanziell abgesichert werden. Denn Queerfeindlichkeit ist leider ein gesellschaftliches Phänomen, dass uns in Sachsen noch lange begleiten wird.“

In Sachsen regiert derzeit eine sogenannte Kenia-Koalition aus CDU, Grünen und SPD. Am 1. September finden dort Landtagswahlen statt. Lauf Umfragen wackelt dort die Mehrheit für die Regierungskoalition, die rechtsextreme AfD könnte demnach mit 35 Prozent der Stimmen stärkste Kraft werden. Die AfD-Fraktion im Landtag machte letztes Jahr mit ihrer Kampagne „Genderwahn im Stundenplan“ Stimmung gegen LGBTI-Aufklärung an Schulen (queer.de berichtete).

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Bildquelle: RosaLinde e. V.