Steinwurf: „Euthanasie ist die Lösung“ – Wohnheim der Lebenshilfe in Mönchengladbach von Rechten angegriffen
(AbilityWatch/red; ahi) In der Nacht zu Montag wurde eine Einrichtung der Lebenshilfe in Mönchengladbach Ziel eines rechtsradikalen Anschlags. Mitarbeitende entdeckten am Morgen einen Ziegelstein mit der Aufschrift “Euthanasie ist die Lösung” neben einer beschädigten Tür.
Dieser Anschlag erinnert an die Verbrechen der “Aktion T4”, die Teil des NS-Euthanasieprogramms war. Zwischen 1939 und 1945 wurden unter dem Deckmantel der „Euthanasie“ Tausende Menschen mit körperlichen und sogenannten intellektuellen Beeinträchtigungen, als auch psychischen Erkrankungen systematisch ermordet. Die Nationalsozialisten rechtfertigten ihre Verbrechen mit der menschenverachtenden Ideologie, dass das Leben von behinderten Personen weniger wert oder schlichtweg lebensunwert sei, als das von nicht behinderten Menschen.
Die Parallelen im Motiv zwischen den historischen Verbrechen und der aktuellen Gewalt in Mönchengladbach unterstreichen erneut, wie dringend wir gemeinsam und entschlossen gegen Ableismus vorgehen müssen. “Historisch gesehen haben faschistische Regime oft bei den marginalisierten Menschen begonnen. Wenn wir jetzt nicht handeln, nehmen wir billigend in Kauf, dass sich die Geschichte wiederholt”, betont Heiko Kunert, Aktivist und Mitglied von AbilityWatch e. V. “Es reicht nicht, nur zuzusehen und betroffen zu sein – wir müssen aktiv werden! Ableismus tötet! Dieser Anschlag zeigt deutlich, dass die Rechte von Menschen mit Behinderungen massiv bedroht sind. Wir dürfen nicht zulassen, dass sich der Hass weiter ausbreitet. Jetzt ist die Zeit gekommen, um laut zu werden, für Solidarität einzustehen und entschlossen gegen Diskriminierung und Gewalt zu kämpfen.”
Ableismus – die Diskriminierung gegenüber Menschen mit Behinderungen – ist tief in unserer Gesellschaft verankert. Solche Anschläge sind nicht nur einzelne Vorfälle, sondern Ausdruck eines strukturellen Problems. Obwohl Gewalt für Menschen mit Behinderung alltäglich ist, haben die Debatten der letzten Jahre über Themen wie Triage oder das konstante Abtun von Morden an behinderten Menschen als “Einzelfälle” wiederholt verdeutlicht, dass der Wert behinderter Personen in Teilen der Gesellschaft in Frage gestellt wird.
2021: vier tote behinderte Menschen im Oberlinhaus, kurz darauf 12 Ertrunkene in Ahrweiler; 2023: ein ans Bett gefesselter behinderter Mann in Essen; und heute ein rechtsradikaler Anschlag in Mönchengladbach.
”Bislang blieb die Gewalt gegen Menschen mit Behinderung oft verdeckt. Sie leben ausgeschlossen von der Gesellschaft in Einrichtungen, aus denen wenig nach außen dringt. Der Anschlag in Mönchengladbach hat das ganz offensichtlich geändert. Er zeigt, dass Menschen mit Behinderungen stärker in den Fokus rechter Gewalt gerückt sind. Nach einem Stein folgt ein weiterer, sie werden größer und immer mehr und am Ende steht die systematische Ermordung. Deshalb heißt es jetzt Kante zeigen und Haltung beweisen“, fügt Anne Gersdorff hinzu.
AbilityWatch e. V. ruft alle Bürger*innen, Politik und Medien dazu auf, nicht wegzusehen, sondern aktiv gegen Diskriminierung und Gewalt vorzugehen. Unsere Solidarität gilt den Betroffenen dieses schrecklichen Anschlags. Die Gesellschaft muss entschlossen handeln, um ein Zeichen gegen Hass und für die Rechte und Würde von Menschen mit Behinderung zu setzen.