7. Bericht zur Lage der Menschen mit Behinderung im Freistaat Sachsen zeigt Fortschritte bei der Inklusion, aber auch Handlungsbedarf

(SMS/red; ahä) Sozialministerin Petra Köpping hat heute die Ergebnisse des 7. Berichtes zur Lage der Menschen mit Behinderung im Freistaat Sachsen vorgestellt. Zudem liegen die Maßnahmen zur Fortschreibung des Aktionsplans 2023 der Staatsregierung zur Umsetzung der UN-Behindertenrechtskonvention vor. Nach dem Sächsischen Inklusionsgesetz erstellt das Sozialministerium in jeder Legislaturperiode einen Bericht zur Lage der Menschen mit Behinderungen.

Staatsministerin Köpping erklärt: »Ein zentrales Anliegen der Staatsregierung ist es, Inklusion in Sachsen weiter voranzubringen und die gleichberechtigte und selbstbestimmte Teilhabe von Menschen mit Behinderungen weiter zu verbessern. Der Bericht zeigt uns, welche Maßnahmen bereits die gewünschte Wirkung erzielt haben und wo wir künftig noch besser werden können. Die bessere Teilhabe von Menschen mit Behinderungen trägt viel zum gesellschaftlichen Zusammenhalt bei. Ich bin davon überzeugt, dass sich Jede und Jeder nach seinen Möglichkeiten in unsere Gemeinschaft einbringen können sollte. Wir möchten dafür aktive Unterstützung bieten.«

Der nun vorliegende 7. Bericht bietet eine umfassende Situationsbeschreibung in zehn Handlungsfeldern: Familie und soziales Netz, Bildung und Ausbildung, Arbeit und materielle Lebenssituation, Gesundheit und Rehabilitation, Schutz der Persönlichkeit, Wohnen, Mobilität und inklusiver Sozialraum, Kultur, Sport, Freizeit und Tourismus, politisches und zivilgesellschaftliches Engagement sowie barrierefreie Information und gesellschaftliche Bewusstseinsbildung.

Im Ergebnis zeigt der Bericht Fortschritte bei der Inklusion, aber auch weitere Handlungsbedarfe auf. Im Jahr 2021 gingen beispielsweise 3.871 Kinder mit Behinderungen in integrative Kindertagesstätten, was einem Anteil von 87 Prozent entspricht. 2010 waren dies 3.702 Kinder, der Anteil lag bei nur 75 Prozent. Auch der Anteil der inklusiv beschulten Schülerinnen und Schüler mit sonderpädagogischem Förderbedarf ist im gleichen Zeitraum von 21 Prozent (2010: 5042 Schülerinnen und Schüler) auf 37 Prozent (2021: 11.284 Schülerinnen und Schüler) angestiegen. Im Vergleich zu 2005 sind rund 18.000 schwerbehinderte Menschen mehr sozialversicherungspflichtig beschäftigt. Der Anteil an den Beschäftigten insgesamt ist von 2,5 Prozent auf 3,2 Prozent in 2021 angestiegen. Auch die Anzahl der arbeitslosen schwerbehinderten Menschen ist von 11.248 in 2006 auf 8.437 in 2021 zurückgegangen. Der Anteil der schwerbehinderten Arbeitslosen an allen Arbeitslosen ist trotz dieser positiven Entwicklung von 3,0 Prozent auf 6,8 Prozent angestiegen. Vorbehalte von Arbeitgeberinnen und Arbeitgebern hinsichtlich Leistungsfähigkeit der Menschen mit Behinderungen können hierfür ein Grund sein.

Gleichwohl werden hier weitere Maßnahmen zu Verbesserung der Inklusionsquote eingefordert. Der Bericht beinhaltet auch die Evaluation und Fortschreibung des Aktionsplans der Staatsregierung zur Umsetzung der UN-Behindertenrechtskonvention. Mit diesem Aktionsplan hatte die Sächsische Staatsregierung 2017 erstmals eine ressortübergreifende Strategie verabschiedet, die das ausdrückliche Ziel verfolgt, die volle und gleichberechtigte Teilhabe von Menschen mit Behinderungen am Leben in der Gesellschaft weiter zu verbessern. Die Fortschreibung des Aktionsplans ist Ergebnis eines umfangreichen partizipativen Prozesses. Beteiligt waren alle Ressorts, der Landesinklusionsbeauftragte, Verbände, Zivilgesellschaft sowie Vertreterinnen und Vertreter der Menschen mit Behinderungen. So konnte sich die Landesarbeitsgemeinschaft Selbsthilfe Sachsen e. V. in einigen Unterarbeitsgruppen aktiv einbringen. Bürgerinnen und Bürger konnten zudem ihre Anregungen über das Beteiligungsportal des Freistaates Sachsen einfließen lassen.

Ergebnisse der Arbeit der Unterarbeitsgruppen (UAG) und die in der interministeriellen Arbeitsgruppe (IMAG) Inklusion daraus abgeleiteten Handlungsvorschläge für die Fortschreibung des sächsischen Aktionsplans wurden bereits zum Fachtag „Wege zur Inklusion“ am 25.10.2022 vorgestellt. Die LAG SH Sachsen hatte dazu eine Stellungnahme formuliert (Beitrag Fachtag „Wege zur Inklusion“ 25.10.2022). Darin bedauert sie, dass nur vier Empfehlungen aus dem Beteiligungsportal den Weg in die Maßnahmen gefunden haben. Ebenso konnten die vorgestellten Maßnahmen, die bereits durch die IMAG bestätigt wurden, leider nicht mehr inhaltlich ergänzt, verbessert oder konkretisiert werden. Zudem ließen einige Formulierungen der Maßnahmen viel Spielraum hinsichtlich ihrer Verbindlichkeit zu.

Der nun vorliegende fortgeschriebene Aktionsplan 2023 umfasst insgesamt 131 Maßnahmen. Diese reichen von generellen Maßnahmen zur Sensibilisierung für eine gleichberechtigte Teilhabe der Menschen mit Behinderungen bis hin zu sehr konkreten Maßnahmen, wie beispielsweise die Verbesserung des Katastrophenschutzes für Menschen mit Behinderungen. So ist geplant, in einem Landkreis und ggf. einer kreisfreien Stadt beispielhaft zu ergründen, welche Verantwortlichkeiten für einen wirksamen Katastrophenschutz für Menschen mit Behinderungen notwendig sind. Weitere 67 Maßnahmen des Aktionsplans 2017 werden fortgeführt, so beispielsweise die Herstellung von Barrierefreiheit bei öffentlich zugänglichen Gebäuden und von Arztpraxen über das Programm »Lieblingsplätze für Alle«.

Im Handlungsfeld Bildung und Ausbildung beinhaltet der Aktionsplan 2023 beispielsweise trotz erzielter Erfolge insgesamt 41 Maßnahmen, um hier weitere Fortschritte zu erzielen. Eine dieser Maßnahmen ist die Fortführung des Arbeitsmarktprogramms »Wir machen das!«, mit welchem Arbeitgeber für die Ausbildung und Beschäftigung von Menschen mit Behinderungen sensibilisiert und auch finanziell unterstützt werden. Hierfür werden pro Jahr bis zu 1,5 Millionen Euro aus dem Landeshaushalt bereitgestellt.

Landesinklusionsbeauftragter Michael Welsch zum fortgeschriebenen Aktionsplan: »Die Umsetzung der Maßnahmen wird zu einem Mehr an Inklusion im Freistaat Sachsen führen. Besonders freue ich mich darüber, dass der Landesbeirat der Menschen mit Behinderungen in einer Art Monitoring in den Umsetzungsprozess einbezogen sein wird. Dort, wo Prüfaufträge verankert sind, z.B. in Bezug auf eine Autismusstrategie, erwarte ich substanzielle Ergebnisse, die dann zu weiteren Schritten führen werden.«

Der Landesinklusionsbeauftragte betonte, dass die Umsetzung der UN-Behindertenrechtskonvention im Freistaat Sachsen nicht nur mit dem Aktionsplan der Staatsregierung erfolgen könne. Inklusion müsse vielmehr als gesamtgesellschaftliche Aufgabe verstanden und umgesetzt werden. Die Berücksichtigung der Belange von Menschen mit Behinderungen müsse bei allen politischen und administrativen Entscheidungen zur Selbstverständlichkeit werden und dürfe auch vor der Privatwirtschaft nicht Halt machen.

Hintergrund

Jeder fünfte Mensch in Sachsen hat eine amtlich festgestellte Behinderung. Ob von Geburt an, plötzlich durch einen Unfall, nach Komplikationen bei einer Operation, durch chronische Krankheit, Krebs oder ganz alltäglich durch das voranschreitende Alter – Behinderung kann jeden treffen. Mit steigendem Alter nimmt der Anteil der Menschen mit Behinderungen zu. Zum 31.12.2021 lebten in Sachsen 812.266 Menschen mit einer amtlich festgestellten Behinderung (20 Prozent der Gesamtbevölkerung). 502.093 der Menschen mit Behinderung galten als schwerbehindert mit einem Grad der Behinderung von 50 oder mehr. Zwei Prozent der in Sachsen lebenden Personen unter 18 Jahren weisen eine Behinderung auf, ab 65 Jahren sind es rund 46 Prozent.

 

Weitere Informationen 

den kompletten Bericht finden Sie hier:

https://www.behindern.verhindern.sachsen.de/saechsische-politik-fuer-menschen-mit-behinderungen.html

In Kürze wird eine barrierefreie Version der Studie online veröffentlicht, ebenfalls eine Übertragung in Leichte Sprache und Gebärdensprache.

Mehr Informationen: https://www.behindern.verhindern.sachsen.de/