Aufruf: Thalidomid-Zeitzeugen aus der DDR gesucht

(Charité Institut für Geschichte der Medizin und Ethik in der Medizin/ Dr. Ludger Wimmelbücker/red; lh) Ludger Wimmelbücker forscht zur globalen Geschichte des Arzneimittels Thalidomid (Contergan) und den dadurch verursachten Geburtsschäden von den 1950er bis in die 1980er Jahre und bereitet dazu weitere Veröffentlichungen vor.

Zurzeit sucht er nach Personen aus der ehemaligen DDR, die nachweislich durch Thalidomid (Contergan) geschädigt wurden. Nach Auskunft der Conterganstiftung wurden insgesamt zwölf in der DDR geborene Personen als thalidomidgeschädigt anerkannt, fünf von ihnen vor 1989.

Der Kontaktaufnahme zu den Betroffenen ist entscheidend dafür, ein weit gediehenes Buchmanuskript zur Geschichte von Thalidomid in der DDR, das eine ganze Reihe interessanter Details zu dieser bislang unbekannten Geschichte enthält, sinnvoll abschließen zu können.

Die Gespräche mit Zeitzeugen sollen dazu beitragen, einige zentrale Aspekte zu beleuchten, die in den schriftlichen Quellen nicht dokumentiert sind. Dabei wird sichergestellt werden, dass die Anonymität der Befragten gewahrt bleibt.

Ludger Wimmelbücker bittet die gesuchten Personen darum, mit ihm Kontakt aufzunehmen.

Was ist Thalidomid?

Thalidomid ist ein 1954 entwickelter Arzneistoff, der unter dem Markennamen Contergan als Schlaf- und Beruhigungsmittel verkauft wurde. Das Medikament wurde insbesondere gegen Übelkeit in der Schwangerschaft eingesetzt. Später stelle sich heraus, dass die Einnahme von Thalodomid während der Schwangerschaft zu schwerwiegenden, oft lebenslangen Schäden bei Neugeborenen führte. Es kam zu schweren Fehlbildungen von Gliedmaßen, Ohren und Organen. Weltweit waren Tausende von Kindern betroffen.

In der Bundesrepublik Deutschland war Contergan seit 1957 ohne ärztliche Verschreibung erhältlich. Im November 1961 wurde das Medikament jedoch nach der Bekanntmachung pränataler Folgen aus dem Handel genommen. In der ehemaligen DDR wurde die Herstellung und der Verkauf des Schlaf- und Beruhigungsmittels von Anfang an abgelehnt. Trotzdem gelangten einige wenige Contergan-Packungen aus der Bundesrepublik in die DDR. Nach Angaben der Conterganstiftung wurden insgesamt zwölf der in der DDR geborenen Personen als thalidomidgeschädigt anerkannt.

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