Noch nie so viele Eingaben bei der Antidiskriminierungsstelle des Bundes wie 2022
(kobinet/red; lh) „Noch nie zuvor haben sich so viele Menschen an die Antidiskriminierungsstelle des Bundes gewandt wie im Jahr 2022. Insgesamt 8.827 Beratungsanfragen sind bei uns eingegangen. Das ist ein beachtlich hoher Wert – auch im Vergleich zum bisherigen Rekordjahr 2020, in dem die Zahl vor allem wegen ‚Black Lives Matter‘ und Corona-Pandemie gestiegen war.“ Dies geht aus der Einleitung von Ferda Ataman zum Jahresbericht 2022 der Antidiskriminierungsstelle des Bundes (ADS) hervor, den die Unabhängige Bundesbeauftragte für Antidiskriminierung heute am 27. Juni 2023 vor der Bundespressekonferenz vorstellte. Mit 27 Prozent stellen die Eingaben zu Diskriminierungen aufgrund einer Behinderung weiterhin die zweitgrößte Gruppe dar. 43 Prozent der Eingaben an die ADS bezogen sich auf rassistische Diskriminierungen.
„Als Unabhängige Bundesbeauftragte für Antidiskriminierung leite ich die Antidiskriminierungsstelle des Bundes (ADS). Eine unserer zentralen Aufgaben ist es, Menschen zu beraten, die am Arbeitsmarkt und bei Alltagsgeschäften Diskriminierung erleben. Sei es aufgrund ihres Alters, wegen einer Behinderung, des Geschlechts, der sexuellen Identität, der Religion und Weltanschauung oder aus rassistischen und antisemitischen Gründen. Diese Merkmale sind im Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz (AGG) geschützt. Das heißt, Menschen dürfen deswegen nicht benachteiligt werden. 2022 haben uns Menschen am häufigsten von rassistischer Diskriminierung berichtet. Mit 43 Prozent der Anfragen kam fast jeder zweite Diskriminierungsfall zum Thema Rassismus, gefolgt von Anfragen zu Behinderung (27 Prozent) und Geschlecht (21 Prozent)“, heißt es vonseiten von Ferda Ataman im Jahresbericht 2022 der Antidiskriminierungsstelle des Bundes.
Mehr als 6.600 Anfragen davon bezogen sich auf ein Diskriminierungsmerkmal, das im Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz (AGG) geschützt ist. Dazu zählen Alter, Behinderung, Geschlecht, sexuelle Identität, Religion und Weltanschauung sowie rassistische und antisemitische Diskriminierungen. In rund 2.200 Fällen meldeten sich Menschen, die aufgrund anderer Merkmale benachteiligt wurden, zum Beispiel wegen des sozialen Status oder weil sie aufgrund der Elternschaft diskriminiert wurden.
Die Entwicklung der Anfragen zu allen Diskriminierungsmerkmalen im AGG sieht nach Angaben der ADS im Detail wie folgt aus:
– Mit einem Anteil von 43 Prozent der Anfragen berichteten Menschen am häufigsten über rassistische Diskriminierung.
– 27 Prozent der Fälle bezogen sich auf Diskriminierungen aufgrund einer Behinderung.
– 21 Prozent der Anfragen kamen zu Diskriminierungen wegen des Geschlechts.
– 10 Prozent der Anfragen gab es zu Benachteiligungen wegen des Alters.
– 5 Prozent der Anfragen bezogen sich auf Diskriminierungen wegen der Religion, 1 Prozent auf Diskriminierungen zur Weltanschauung.
– 4 Prozent der Anfragen bezogen sich auf Diskriminierungen aufgrund der sexuellen Identität.
„Immer mehr Menschen nehmen Diskriminierung nicht hin. Das belegen die Zahlen ganz deutlich. Wir haben deutlich mehr Anfragen, als wir entgegennehmen können. Dass Menschen den Mut haben, über Diskriminierung zu sprechen und sich Hilfe zu holen, verdient unsere Anerkennung. Und es zeigt, dass das Bewusstsein für Antidiskriminierung in der Bevölkerung wächst – ein wichtiges Zeichen gesellschaftlicher Reife und Integration“, sagte Ferda Ataman. „Ich will Menschen ermutigen, sich Diskriminierung nicht gefallen zu lassen. Und ich will, dass mehr Menschen wissen, dass Diskriminierung verboten ist. Außerdem will ich das AGG zukunftsfähig machen – zum Beispiel bei Diskriminierungen durch Systeme künstlicher Intelligenz.“
Dafür kündigte Ataman drei konkrete Maßnahmen an. Die wichtigste ist der flächendeckende Ausbau der Antidiskriminierungsberatung. Dafür startete sie das bislang größte Förderprogramm zu Antidiskriminierung in Deutschland. „Mit dem Programm ‚respekt*land‘ unterstützen wir gemeinsam mit den Ländern 35 Projekte aus dem gesamten Bundesgebiet mit einem Fördervolumen von insgesamt 5 Millionen Euro“, sagte Ferda Ataman.
Zudem kündigte die Unabhängige Bundesbeauftragte für den Herbst eine Informationskampagne an, damit mehr Menschen ihre Rechte in Fällen von Diskriminierung kennen. Ataman will außerdem den Schutz vor Diskriminierung durch Künstliche Intelligenz stärker in den Blick nehmen. Dazu kündigte sie an, im Sommer konkrete Vorschläge vorzulegen.
Fakten und Zahlen im Überblick:
Die meisten Ratsuchenden erlebten Diskriminierung auf dem Arbeitsmarkt (27 Prozent). Insgesamt 25 Prozent der Menschen wurden bei sogenannten Alltagsgeschäften diskriminiert, zum Beispiel bei der Wohnungssuche, aber auch beim Restaurantbesuch, beim Einkaufen oder in Bus und Bahn. Arbeitsmarkt und Alltagsgeschäfte sind die Bereiche, in denen das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz (AGG) gilt und Diskriminierung verbietet. Diskriminierung kommt aber in allen Lebensbereichen vor. Das zeigen auch die Beratungsanfragen an die Antidiskriminierungsstelle des Bundes. Häufig erlebten Menschen Ungleichbehandlung in Lebensbereichen, die nicht durch das AGG geschützt sind, zum Beispiel bei Ämtern und Behörden, bei Justiz, Bildung und der Polizei. „Auch hier muss ein wirksamer Diskriminierungsschutz eingeführt werden“, sagte Ferda Ataman und setzt auf die Reform des AGG, die im Koalitionsvertrag vorgesehen ist.
Link zum Jahresbericht 2022 der ADS
Die Antidiskriminierungsstelle des Bundes (ADS) ist 2006 mit Inkrafttreten des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes (AGG) gegründet worden. Ziel des Gesetzes ist es, Diskriminierung aus rassistischen oder antisemitischen Gründen, wegen des Geschlechts, der Religion oder Weltanschauung, einer Behinderung, des Alters oder der sexuellen Identität zu verhindern oder zu beseitigen. Die ADS berät rechtlich, kann Stellungnahmen einholen und gütliche Einigungen vermitteln. Sie betreibt Forschung und Öffentlichkeitsarbeit zum Thema Diskriminierung. Seit 2022 wird die Leitung der Stelle als Unabhängige Bundesbeauftrage für Antidiskriminierung vom Deutschen Bundestag gewählt. antidiskriminierungsstelle.de
Bildquelle: Antidiskriminierungsstelle des Bundes