Sachverständigenrat Gesundheit und Pflege: Gesundheitswesen nicht krisenfest

(G+G Update/red; ahä) Das deutsche Gesundheitswesen ist nicht ausreichend auf neue Pandemien, die Folgen des Klimawandels und andere Krisen vorbereitet. Zu diesem Ergebnis kommt der Sachverständigenrat Gesundheit und Pflege (SVR) in seinem Jahresgutachten 2023. Aus den aktuellen Krisen seien bislang nicht die notwendigen Schlüsse gezogen worden. „Die bisherige Selbstwahrnehmung, dass in Deutschland alles gut organisiert ist und wir angesichts eines ausdifferenzierten Rettungs- und Gesundheitssystems bestens auch auf unvorhergesehene Entwicklungen vorbereitet sind, war und ist trügerisch“, sagte der SVR-Vorsitzende Ferdinand Gerlach. „Unser Gesundheitssystem ist hochkomplex, ein behäbiges Schönwettersystem, das unter unzulänglicher Digitalisierung und einem formaljuristisch leerlaufenden Datenschutzverständnis leidet.“

Strukturwandel ist überfällig

Der „überfällige Strukturwandel“ – besonders in der Krankenhausversorgung – und die Krisenvorbereitung werde nicht mangels Erkenntnis, sondern durch „ein Daten- und Umsetzungsdefizit“ behindert, heißt es in der SVR-Analyse zur Resilienz im Gesundheitswesen. Die Ergebnisse der Gesundheitsversorgung entsprächen häufig nicht dem Mitteleinsatz. Überdies sei die Zusammenarbeit zwischen Bund, Ländern, Kreisen und Kommunen nicht nur im Krisenfall unzureichend koordiniert. Zwar gebe es bereits gute Analysen und konkrete Konzepte zur Resilienzstärkung, darunter Pandemie- oder Hitzepläne. „Aber sie verstauben oft in Schubladen anstatt konsequent umgesetzt und eingeübt zu werden“, monierte Gerlach.

Möglichkeiten der EU-Datenschutzgrundverordnung umsetzen

Das Gesundheitssystem müsse wie Deutschland insgesamt „dringend krisenresistenter und strukturell widerstandsfähiger werden“, betonte der stellvertretende Ratsvorsitzende Wolfgang Greiner. „Wir müssen die verantwortliche Datennutzung zur Verbesserung der Versorgung und der epidemiologischen Lageanalyse dringend vereinfachen“, forderte Ratsmitglied Petra Thürmann. Dazu müssten die Möglichkeiten der EU-Datenschutzgrundverordnung „endlich auch in Deutschland umgesetzt werden“. In der Pandemie sei Deutschland „weitgehend im Blindflug“ unterwegs gewesen und habe sich „häufig auf wesentlich bessere Daten zum Beispiel aus Dänemark oder Israel“ verlassen müssen.

Die Analysen und Verbesserungsvorschläge der sieben Ratsmitglieder beziehen sich insbesondere auf den öffentlichen Gesundheitsdienst, die Akutversorgung und die Langzeitpflege. Ihre Empfehlungen übertragen sie zudem auf „die absehbaren Herausforderungen des Gesundheitssystems durch Hitze und weitere Pandemien“.

Weitere Informationen:

SVR-Gutachten 2023: „Resilienz im Gesundheitswesen. Wege zur Bewältigung künftiger Krisen“

Sachverständigenrat Gesundheit und Pflege

Bildnachweis: SVR, BMG/Thomas Ecke