Scharfe Kritik an G-BA-Beschluss zum Bluttest auf Trisomie

(www.eu-schwerbehinderung.de; red/ahi) Der Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA) hat in seiner Sitzung am 19. August 2021 die Versicherteninformation zu nicht-invasiven pränatalen Bluttests (NIPT) verabschiedet und in die Mutterschaftsrichtlinien aufgenommen. „Sie soll als fester Bestandteil der ärztlichen Aufklärung und Beratung von schwangeren Frauen in begründeten Einzelfällen zum Einsatz kommen“, so der G-BA. Ziel ist es, laut G-BA, dass es Frauen ermöglicht werden soll, gemeinsam mit ihrer Ärztin oder ihrem Arzt zu entscheiden, ob sie in ihrer individuellen Situation einen nicht-invasiven Pränataltest auf Trisomien 13, 18 oder 21 durchführen wollen.

Der Verein „Ärzte für das Leben“ kritisiert den G-BA-Beschluss als einen schweren Schlag für die Menschenrechte in Deutschland. Der erste Vorsitzende der Ärzte für das Leben e.V., Prof. Paul Cullen, nimmt hierzu wie folgt ausführlich Stellung:

„Wie wir mehrfach in der Vergangenheit darauf hingewiesen haben, geht es bei den nicht-invasiven vorgeburtlichen DNA-Tests nicht um die Fahndung nach heilbaren oder vermeidbaren Erkrankungen, sondern in erster Linie um die Identifizierung von Kindern mit Down-Syndrom vor ihrer Geburt. Da das Down-Syndrom keine Erkrankung, sondern eine Form des Andersseins ist, kann sie auch nicht geheilt werden. Mithin sind diese Tests reine Instrumente der Selektion, da in den allermeisten Fällen auf die Feststellung eines Down-Syndroms mit Abtreibung reagiert wird. Dass dies nicht zwingend geschehen muss, und dass in einigen Fälle die DNA-Tests andere invasivere diagnostische Methoden ersetzen, tut hier nichts zu Sache: Diese Diagnostik dient allein der Markierung und Eliminierung von Menschen mit Behinderungen vor ihrer Geburt.

Der soeben erfolgte Beschluss des Gemeinsamen Bundesausschusses mag wie ein kleiner administrativer Schritt erscheinen, doch hat er eine hohe Symbolkraft. Mit der Erteilung einer „Ziffer“ im Abrechnungssystem der gesetzlichen Krankenversicherung wird laut dem zwölften Paragrafen des fünften Sozialgesetzbuches diese höchst diskriminierende Leistung nun als „ausreichend, zweckmäßig und wirtschaftlich“ gleichsam moralisch „geadelt“. „Was kann daran so schlimm sein“, werden viele sich nun fragen, „wenn die Krankenkasse dafür bezahlt?“

Mehr noch: mit der endgültigen Aufnahme der nicht-invasiven vorgeburtlichen DNA-Diagnostik in den Leistungskatalog der gesetzlichen Krankenversicherung entsteht ein Rechtsanspruch auf eine genetische Fahndungsmethode, die sich nach und nach auf viele andere genetische Merkmale wird ausweiten lassen. Dass eine solche Rasterfahndung nach genetischen Abweichungen auch die Existenzen geborener Menschen mit diesen Abweichungen in Frage stellt, liegt auf der Hand.

Auch wird die Begrenzung des Tests auf „begründete Einzelfälle“ bei „Risikoschwangerschaften“, wie die Versicherteninformation derzeit vorsieht, kaum zu halten sein. In Ländern, wo dieser Test bereits breitflächig angewendet wird, werden fast keine Kinder mit Down-Syndrom mehr geboren.

Eltern von Down-Syndrom-Kindern sehen sich heute schon auf offener Straße vielfach dem Vorwurf ausgesetzt „ob sowas heute noch sein muss“. Sobald sich in der Bevölkerung herumspricht, dass es für dieses „Problem“ eine „Lösung“ auf Kassenschein gegeben hätte, wird der Druck auf solche mutigen Eltern, die sich für ihr Kind entschieden haben, nur noch zunehmen. Ein schwerer Schlag für die Menschenrechte in Deutschland.“