Verbot der Ex-Post Triage bei Anhörung im Gesundheitsausschuss umstritten

(G+G/red. ahä) Die Debatte um das geplante Triage-Gesetz hält an. Wie G+G – das AOK-Forum für Politik, Praxis und Wissenschaft zu den Themen Gesundheit und Gesellschaft – berichtet, begrüßten Experten und Verbände bei einer Anhörung des Gesundheitsausschusses des Bundestages am 19.10.2022 in vielen Punkten die Regelung, forderten aber auch Nachbesserungen. Umstritten blieb das Verbot der Ex-Post-Triage. Danach darf eine noch erfolgversprechende intensivmedizinische Behandlung eines Patienten nicht für einen anderen mit höheren Überlebenschancen abgebrochen werden. Mediziner warnten davor, die Ex-Post-Triage kategorisch zu verbieten. Dagegen begrüßten Vertreter von Behinderten und Kirchen sowie Ethikexperten das Verbot.

Das Gesetz soll regeln, wie Ärzte bei akuten Kapazitätsengpässen als Folge „einer übertragbaren Krankheit“ wie etwa der Corona-Pandemie und damit in einer ethischen Dilemmasituation Intensivbetten zuteilen. Laut Entwurf soll dabei „die aktuelle und kurzfristige Überlebenswahrscheinlichkeit“ des Patienten „das maßgebliche Kriterium“ sein. Komorbiditäten dürfen begrenzt einfließen; Behinderungen, Alter oder Gebrechlichkeit hingegen nicht. Das Bundesverfassungsgericht hatte am 16. Dezember 2021 den Gesetzgeber in einem Beschluss aufgefordert, Behinderte und Hochbetagte in Triage-Situationen vor Benachteiligung zu schützen.

Die Intensivmedizinervereinigung Divi nannte das Verbot der Ex-Post-Triage „außerordentlich problematisch“. Als Folge würden Kranke bei fehlenden Ressourcen von einer Intensivtherapie ausgeschlossen und „dem Sterben überlassen“. Ärzten werde zudem „die Möglichkeit genommen, möglichst viele Menschenleben zu retten“. Ähnlich äußerte sich die Arbeitsgemeinschaft der Wissenschaftlichen Medizinischen Fachgesellschaften.

Der Sozialverband VdK und die Bundesarbeitsgemeinschaft Selbsthilfe von Menschen mit Behinderung und chronischer Erkrankung (BAG Selbsthilfe) begrüßten dagegen das Verbot. Die BAG Selbsthilfe verwies darauf, dass Ex-Post-Triage von der herrschenden Rechtsmeinung bisher „als Totschlag gewertet wurde“. Das Kommissariat der Deutschen Bischöfe forderte, das Verbot noch klarer zu fassen. Das Vertrauen des Patienten nach Therapieaufnahme in die Fortsetzung der Behandlung müsse geschützt werden.

Der VdK und die BAG Selbsthilfe sehen die Politik in der Pflicht, Triage-Situationen möglichst zu verhindern und gefährdete Gruppen zu schützen. Konkret forderte die BAG Selbsthilfe, wieder bundesweit eine Maskenpflicht etwa in Läden einzuführen, um eine Überlastung der Kliniken zu vermeiden. Zudem müsse im Gesetz klargestellt werden, dass erst alle regionalen und überregionalen Intensivkapazitäten ausgeschöpft sein müssten, bevor Triage angewendet werden dürfe.

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