Wiedereingliederung nach psychischer Krise

(www.baua.de; red/azi)

Wie gelingt der Wiedereinstieg in den Job nach einer psychischen Krise?

Psychische Erkrankungen erhöhen das Risiko, arbeitslos und frühverrentet zu werden. Daher ist es wichtig, Menschen nach einer psychischen Krise bei der Rückkehr zur Arbeit zu unterstützen. Die BAuA erforscht diesen Prozess der Rückkehr aktuell in mehreren Projekten.

In Deutschland zählen psychische Erkrankungen seit Jahren zu den Erkrankungen mit den durchschnittlich längsten krankheitsbedingten Abwesenheitszeiten bei der Arbeit. Während die Fallzahlen gering gestiegen sind und seit 2011 auf einem hohen Niveau stagnieren, stieg die Dauer der Krankschreibung stetig an.

Psychische Gesundheit und Krankheit in der Arbeitswelt

Eine gesundheitsförderliche Tätigkeit und menschengerecht gestaltete Arbeitsbedingungen sind wichtige Ressourcen für die psychische Gesundheit und Arbeitsfähigkeit der Beschäftigten.

Psychische Gesundheit ist nicht nur körperliches, psychisches und soziales Wohlbefinden, sondern ebenso die Fähigkeit, Herausforderungen, Probleme und Krisen konstruktiv zu bewältigen. Darüber hinaus ist sie nicht nur die Abwesenheit von Krankheit, sondern vielmehr ein dynamisches Verhältnis von Gesundsein und Kranksein.

In diesem Sinne ist auch die gelungene Verarbeitung bzw. Bewältigung einer psychischen Krise und die erfolgreiche Rückkehr in den Betrieb Ausdruck psychischer Gesundheit.

In den letzten Jahren hat die BAuA das Projektbündel „Psychische Erkrankungen in der Arbeitswelt“ durchgeführt.

Die Ergebnisse der Studien bilden die Grundlage für die aktuellen Veröffentlichungen. Dazu zählen insbesondere ein Praxisleitfaden zur Wiedereingliederung nach psychischen Krisen und vertiefende Faktenblätter zu den Themen betriebliches Eingliederungsmanagent (BEM), stufenweise Wiedereingliederung (STWE), Gesprächsführung, Selbstwirksamkeit und Psychosomatische Sprechstunde sowie ein Forschungsbericht zur qualitativen Teilstudie der Mixed-Methods-Follow-Up-Studie und mehrere peer-reviewte Artikel zu dem Thema RTW, die nachfolgend verlinkt sind.

Aktuelle Publikationen

Zentrale Aspekte der Wiedereingliederung nach einer psychischen Krise

Eine wesentliche Herausforderung bei der Wiedereingliederung nach einer psychischen Krise ist die Angst vor Stigmatisierung. Denn Stigmatisierung bzw. die Angst davor beeinflusst die

  • Selbstsicherheit,
  • Zielorientierung,
  • soziale Interaktion und daher auch
  • die Arbeitsfähigkeit der zurückkehrenden Beschäftigten.

Neben Angst und Unsicherheit provoziert Stigmatisierung auch Arbeitskonflikte und hemmt die Produktivität. Das erschwert eine frühzeitige Behandlung und Rückkehr in den Betrieb.

Deshalb ist es wichtig, mit dem Thema psychische Gesundheit offen umzugehen bzw. einen angemessenen Umgang im Unternehmen zu ermöglichen. Hilfreich sind hier vor allem Schulungen für Führungskräfte sowie die Aufklärung und Sensibilisierung der Kollegen.

Welche Faktoren können eine Wiedereingliederung beeinflussen?

Neben den zwischenmenschlichen Bedingungen gibt es eine Vielzahl weiterer Faktoren, die in unterschiedlicher Art und Weise den RTW-Prozess bei psychischen Erkrankungen beeinflussen können:

  • die Schwere und vor allem die Dauer der Erkrankung,
  • die subjektive RTW-Prognose,
  • die Komplexität psychischer Krisen,
  • das Selbstmanagement der Zurückkehrenden,
  • die frühzeitige Zusammenarbeit der behandelnden Ärzte, Therapeuten, zurückkehrenden Beschäftigten und der betrieblichen Schlüsselakteure,
  • die professionelle Begleitung der zurückkehrenden Beschäftigten,
  • die soziale Unterstützung durch Vorgesetzte und Kollegen,
  • die stufenweise Wiedereingliederung als therapeutische Maßnahme sowie
  • weitere präventive und gesundheitsförderliche Maßnahmen.

Eine besondere Bedeutung haben hier aufeinander bezogene individuelle und arbeitsbezogene Maßnahmen. Dazu zählen z.B. Maßnahmen, die das Selbstmanagement der Zurückkehrenden durch Feedback- und Coachinggespräche mit Vorgesetzten und RTW-Experten (RTW-Coaches, Disability Manager) unterstützen. Darüber hinaus zählen hierzu arbeitsgestaltende Maßnahmen, die die Zurückkehrenden vor anhaltender Überforderungen schützen und Raum für neue Bewältigungsstrategien schaffen. Sie zielen darauf ab, gesundheitsförderlichere Handlungsroutinen zu ermöglichen und die Nachhaltigkeit der Wiedereingliederung zu stärken. Zentral für die Ausgestaltung der Rückkehr und die Umsetzung entsprechender Maßnahmen sind eine personenbezogene Gefährdungsbeurteilung und die stufenweise Wiedereingliederung (STWE).

Die therapeutische Orientierung der STWE schafft Spielraum, um eine optimale Passung zwischen den individuellen, sozialen und betrieblichen Bedingungen zu erzielen: in der direkten Auseinandersetzung mit sich selbst, im Team und den Arbeitsbedingungen.

Bessere Vernetzung von Prävention, Früherkennung und Wiedereingliederung: Laufende Forschungsprojekte der BAuA

Ein zentrales Anliegen der BAuA ist es, Maßnahmen der Prävention und Wiedereingliederung in den kommenden Jahren besser zu verstehen und neue Wege im Versorgungsystem an der Schnittstelle zwischen medizinisch-therapeutischer Behandlung und betrieblicher Prävention zu erproben und zu erforschen. Vor diesem Hintergrund ist die BAuA an zwei Drittmittel geförderten Forschungsprojekte beteiligt:

RTW-PIA – Intensivierte Return to Work (RTW)-Nachsorge in psychiatrischen Institutsambulanzen (PIA) von Versorgungskliniken

friaa – Frühe Intervention am Arbeitsplatz – ein Angebot für Unternehmen und deren Mitarbeitende

Das Ziel dieser Projekte ist eine bessere Versorgung von mit Menschen mit psychischen Belastungen bzw. Erkrankungen durch eine verbesserte Kooperation von Kliniken, Therapeuten und betrieblichen Schlüsselakteuren und -akteurinnen wie bspw. Betriebsärzten, BEM-Beauftragten und Vorgesetzten.